Haustausch (2. Neuseeland-Bericht)

Verschiedene Kulturen und andere Strukturen in den unterschiedlichen Ländern gefallen mir. Ich begegnete und begegne gerne Menschen, deren Heimat ich auf meinen Reisen besuchen durfte und darf. Deshalb kommen auch heute noch für mich viele Touristen-Angebote, wenn ich auf Reisen bin, nicht in Frage. Mir geht es nicht darum, möglichst viele Sehenswürdigkeiten «abzuhaken», wenn ich unterwegs bin. Ich tauche gerne voll und ganz in das Leben und das Sein eines anderen Landes ein und möchte in Kontakt mit Einheimischen kommen. Deshalb entschied ich mich schon als junge Frau für etwas andere «Reiseformen». Sprachen erwarb und vertiefte ich in Gastfamilien oder ich arbeitete gegen Kost und Logis in verschiedenen Betrieben.

Als Familie bevorzugen wir kleinere möglichst familienbetriebene Gasthöfe, familienfreundliche Hotels, B&B- oder Airbnb-Unterkünfte. Selbst wenn wir in der Schweiz unterwegs sind, wählen wir Unterkünfte, in denen wir mit den ortsansässigen Menschen in Kontakt kommen können. Beispielsweise lebten wir in der B&B-Unterkunft von Eleni als wir in Bad Ragaz waren.

Da uns selber Gastfreundschaft wichtig ist, lebten zum Beispiel schon eine junge Polin während drei Monaten und ein Au-Pair-Mädchen ein knappes Jahr bei uns. Die junge Polin studierte danach in Paris. Wir konnten bei ihr wohnen während unserem Aufenthalt in Paris. (Couchsurfing)

Eine für uns neue Art, an einem Ort untergebracht zu sein, lernten wir mit unserer Neuseeland-Reise kennen. Wir tauschten Häuser. Der Zufall wollte es, dass sich ein Häusertausch auf privater Basis mit einer neuseeländischen Familie ergab.

Als der erste Kontakt mit einer neuseeländischen Familie geknüpft war, begannen wir uns regelmässig per E-Mail auszutauschen.

Wir erzählten uns von unseren Familien, unseren Wohnorten, unseren Häusern und deren Infrastruktur und unseren Ländern. Wir sendeten uns gegenseitig Fotos und berichteten von den momentanen Ereignissen.

Viel Vorfreude stieg in uns allen auf. Wir schickten ihnen unsere zeitlichen Möglichkeiten und sie uns die ihrigen. Zeitlich überschnitten sich vier Wochen. Es stand also fest, dass wir für vier Wochen in Nelson NZ in ihrem Haus wohnen und sie in unserem Haus leben würden. Wir tauschten Adresse und Handynummern. Darauf buchten wir Flüge.

In unserem Freundes- und Bekanntschaftskreis fanden viele die Idee grossartig. Dennoch kamen immer wieder ähnliche Fragen auf. Diese möchte ich hier deshalb einbringen und beantworten. Was wir dann tatsächlich in unserem Austausch-Haus erlebten und wie wir unser Haus bei unserer Rückkehr vorfanden, darüber werde ich später berichten.

Ist es euch egal, mit welcher Familie ihr euer Haus tauscht?

Nein. Bevor ich mich entscheide, lerne ich die Familie etwas kennen per E-Mail oder per Skype. Wir kommunizieren miteinander und tauschen verschiedene Informationen aus. Dann vertraue ich auf meinen Eindruck und mein Bauchgefühl. Wenn es sich nicht stimmig anfühlt, lassen wir es sein.

Findest du es nicht zu intim, wenn «wildfremde» Menschen in eurem Haus wohnen, in euren Betten schlafen und all eure Kästen, Schubladen und Schränke öffnen und deren Inhalt betrachten können?

Nein. Unser Haus steht für Menschen offen und selbst die jüngsten Tageskinder gingen in ihren Möglichkeiten stets respektvoll mit unserem «Haus» um. Bettbezüge kann ich reinigen. Unsere Dinge, selbst wenn sie in den Kästen chaotisch versorgt sind, sind für uns keine Geheimsache. Wir öffnen und teilen unser Haus gerne mit anderen Menschen. Wenn wir etwas zu intim wäre, könnte ich es ja auch verschliessen.

Hast du keine Angst, dass sie etwas zerstören, kaputtmachen oder etwas stehlen?

Vertrauen gehört zu meiner Grundhaltung. Deshalb mache ich mir diesbezüglich keine Sorgen. Wir gehen mit ihrem «Haus» ja auch respektvoll und vorsichtig um. Es kann immer etwas kaputtgehen, auch wenn wir in unserem Haus wohnen. Mir würde es nie in den Sinn kommen aus einem Haus, in dem ich «gratis» wohnen darf, etwas mitgehen zu lassen. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass es unserer Haustausch-Familie anders gehen würde. Bargeld lasse ich auch sonst nicht einfach herumliegen.

Falls etwas in ihrem Haus kaputtgeht, kann man es in den meisten Fällen ersetzten. Da wir nichts für die Unterkunft zahlen, sparen wir Geld, welches wir gegebenenfalls in eine Reparatur investieren würden, falls die Haftpflicht es nicht übernähme.

Hast du keine Bedenken, dass sie euer Haus in Unordnung und/oder dreckig hinterlassen könnten?

Bedenken habe ich keine. Unordnung kann wieder in Ordnung gebracht werden und Schmutz kann geputzt werden. Dass wir ihr Haus so zurücklassen, wie wir es angetroffen haben, ist für uns selbstverständlich.

Was macht ihr, wenn das Haus nicht dem entspricht, was ihr auf den Fotos gesehen habt?

Weshalb sollte dies geschehen? Sie vermieten uns ihr Haus nicht. Sie stellen es uns zur Verfügung. Dieses Angebot nehmen wir dankbar an und lassen uns gerne überraschen, wie es in Realität sein wird.

Bei «unserer» Haustauschfamilie fühlte es sich stimmig an. Die Bilder des Hauses, die Lage des Hauses und der herzliche Austausch mit der Familie überzeugten uns voll und ganz.

Ich stellte für sie ein umfangreiches Dossier zusammen. Darin beschrieb ich:

  • wo sich was (Sicherungskasten, Feuerlöscher, Bettwäsche, Putzmaterial, Spiele, Geräte, Sportausrüstungen, Vorräte, … ) in unserem Haus befindet,
  • wie Maschinen funktionieren,
  • welche Eigenheiten unser Haus aufweist, z.B. besondere Schliessvorrichtungen von Türen,
  • welche Pflege unsere Lebewesen (Kater und Pflanzen) brauchen,
  • welches Abfall- und Entsorgungssystem wir haben,
  • wo sich nahe Einkaufsmöglichkeiten, Bibliothek, Bahnhof, Busstation, … befinden,
  • wie unser Auto funktioniert,
  • welche Internetmöglichkeiten (Passwörter) wir haben,
  • was vor dem Verlassen des Hauses zu beachten ist.

Ich stellte ihnen eine Kontaktliste (Nachbarn, Bekannte, Freundinnen und Freunde) und ein Hilfeangebot für einen Notfall zusammen.

Dies fasste ich in einem OneNote-Ordner zusammen. Ich druckte alles auch aus und bündelte es in einem Ordner.

Im Haus schrieb ich zusätzlich mit Zetteln die wichtigsten Sachen an.

Eine Liste mit Adressen, Links und anderen Tipps für Orte, Veranstaltungen und Sehenswertes in der Umgebung und der Schweiz stellten wir ihnen zur Verfügung. Verschiedene Broschüren der Schweiz und Karten legten wir ihnen bereit.

Wir organisierten ein Geschenk (graviertes Sackmesser) und Schokolade für sie.

Unabhängig von uns, stellten auch sie für uns ein Dossier und Informationsmaterial zusammen und überreichten uns ein wundervolles Geschenk.

Gemeinsam planten wir die jeweilige Schlüsselübergabe.

Sie kamen eine Woche vor unserer Abreise kurz bei uns vorbei. Wir zeigten ihnen unser Haus und übergaben ihnen unsere Schlüssel. Sie deponierten ihr grosses Gepäck bei uns, denn ihre Reise ging zuerst noch nach Barcelona. Diese Begegnung war unser einziger persönlicher Kontakt. Im Nachhinein bedauern wir dies. Es wäre schön gewesen, uns nach unserem Haustausch nochmals zu begegnen und auszutauschen.

Wir wurden von ihren Verwandten am Flughafen in Nelson abgeholt und zum Austausch-Haus gefahren. Dort erhielten wir auch die Schlüssel.

Wir schätzten den Haustausch sehr. Wir würden es jeder Zeit wieder machen. Es wird wohl auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Im Internet gibt es viele tolle Plattformen, die Haus- oder Wohnungstausch ermöglichen. Während unserer Reise erfuhren wir, dass die Schweiz ein begehrtes Reiseland ist. Jedoch können sich Viele einen Aufenthalt in der Schweiz nicht leisten, da schon die Unterkünfte teuer sind.

Gerne teile ich hier noch Vor- und Nachteile eines Haustausches aus meiner Sicht mit:

Vorteile:

  • «gratis» und voll eingerichtete Unterkunft
  • lebensnahe Infrastruktur (z.B. Backtrennfolie, Putzmaterial, genügend Geschirr, Waschmaschine, Spiele, Internet, …)
  • voll eingerichtete Küche (Da ich gerne koche, ist mir das wichtig.),
  • Unterkunft ist im sozialen Netz eingebunden und weg von Touristenunterkünften
  • keine Miete für Auto und Spiel-, Sportmaterial (z.B. in unserem Fall Kajaks, Boot, Fahrräder, Bälle, Angeln, …)
  • viele Kontaktmöglichkeiten mit Einheimischen
  • «Geheimtipps» für die Umgebung, Anlässe und Sehenswertes von Einheimischen (=super Reiseführer)
  • Selbstversorgung
  • Versorgung von Lebewesen (Pflanzen, Tiere) zu Hause
  • bewohntes Haus während Abwesenheit

Nachteile:

  • Die Haustauschfamilie lernt man viel weniger kennen als ihre Bezugspersonen. (Auf jeden Fall bauen wir das nächste Mal mindestens ein persönliches Treffen nach dem Tausch ein.)
  • ev. Sorgen wie die Haustauschfamilie mit dem eigenen Heim umgeht (siehe Fragen oben)
  • ev. Selbstversorgung

 

Alle Blog-Artikel über Neuseeland habe ich auf einer eigenen Seite «Neuseeland unser Abenteuer» zusammengetragen.

 

Weiterführende Links:

 

Dieser Artikel wurde am 05.05.2017 veröffentlicht.